Karten und Analyse der neuen Flugrouten über Liesing der durch die 3. Piste zu erwartenden dramatischen Verschlechterungen
Neue Ablugroute
über Liesing im Kontext
einer um die Bevölkerungsdichteinformation angereicherten
Luftkarte der Umgebung von Wien
Die obige Karte kombiniert eine Reihe von Informationen, die
für
eine objektive Bewertung der neuen Flugrouten über Liesing und
den
Effekt, den die geplante 3. Piste haben würde, notwendig sind:
- Eine Luftkarte aus der die fast
ausschließlich landwirtschaftlich genutzten Flächen
gut erkennbar sind.
- Die Bevölkerungsdichte ist farblich
hinterlegt (Anzahl
der Einwohner pro 2,5 km breite Rasterquadrate siehe Legende); damit
wird gut erkennbar, dass Wien und die Regionen im Süden von
Wien
(violett) mindestens 20 mal mehr Einwohner pro Flächeneinheit
aufweisen als Gegenden mit hauptsächlich landwirtschaftlich
genutzten Flächen (ohne Einfärbung) und mindestens 10
mal
mehr Einwohner als die hellgelb hinterlegten Flächen.
- Neben den bisherigen Pisten ist auch die geplante 3.Piste
schematisch als blauer Strich eingezeichnet.
- Als Beispiel für die vielen anderen Flugrouten
sind auch die
Abflugrouten von der bisherigen Piste 29 eingezeichnet, mit dem am
stärksten durch den Lärmteppich links und rechts
davon
betroffenem Gebiet als grau hinterlegte Fläche (je etwa 1,2
km).
- Die im so genannten Mediationsvertrag
ausverhandelte
Verteilung der Starts und Landungen sind als rote bzw. blaue Pfeile
dargestellt (Details siehe untere Grafik).
Daraus ist zu sehen, dass sowohl Wien als auch die Teile
Niederösterreichs im Süden von Wien zu den am
dichtest
besiedelten Gebieten Österreichs zählen. Werden diese
relativ
nahe am Flughafen gelegenen Gebiete so wie derzeit in 1-5 km
Höhe
überflogen, so führt der Fluglärm dort zu
Hunderttausenden von Betroffenen - alleine eine einzige der
existierenden Flugrouten über Liesing nach Stockerau betrifft
auf
Grund des breiten Lärmteppichs rund 100.000 Menschen. Dazu
kommt dann noch, dass diese Flugrouten ab einer gewissen Höhe
auch
nicht mehr eingehalten werden müssen. Die Argumentation, dass
durch die im Rahmen der so genannten Mediation geschaffenen neuen
Flugrouten die Belastung der Bevölkerung reduziert wurde, kann
daher schon rein rechnerisch nicht stimmen.
Will
man also die Anzahl der vom Fluglärm Betroffenen
möglichst
gering halten, sollten alle Flugrouten, die über Wien und den
Teil
von Niederösterreich im Süden Wiens (Perchtoldsdorf,
Maria
Enzersdorf) gehen, so schnell als möglich
inaktiviert werden und durch Flugrouten ersetzt werden, welche im
Norden, Osten und Süden des Flughafens möglichst
ausschließlich über landwirtschaftlich genutztes
Gebiet
verlaufen. Ein erster Schritt ist hier die Einstellung der Flugroute, die direkt über Liesing verläuft.
Eine Beibehaltung des derzeitigen Zustands widerspricht auch dem Sinn des § 3 der Luftverkehrsregelung in dem von Vermeidung unnötiger Lärmbelästigungen die Rede ist :
Durch
den Betrieb eines Luftfahrzeuges oder Luftfahrtgerätes darf keine
größere Behinderung oder Belästigung, insbesondere kein größerer Lärm,
verursacht werden, als es der ordnungsgemäße Betrieb des Luftfahrzeuges
beziehungsweise des Luftfahrtgerätes unvermeidbar mit sich bringt.
Fehlende Notwendigkeit und Alternativen
Der inzwischen auch unserer BI vorliegende Pistenbelegungsplan der Austro Control bestätigt, was mit der
Materie vertraute Personen wie Piloten schon länger vermuten.
Bei
der für die
Flugrouten über Liesing immer wieder behauptete
kapazitätsmäßigen Notwendigkeit
handelt es sich augenscheinlich um einen Schmäh!
Denn gerade dann, wenn
die meisten
Flugzeuge in kurzer Abfolge starten (überwiegend Depatures),
sieht
der Pistenbelegungsplan der Austro Control bei starkem Wind
keine Abflüge über Liesing vor. So soll
bei
Ost/Südostwind auf der Piste 16 nach Süden
gestartet werden und
bei West/Nordwestwind sind die im Pistenbelegungsplan in Klammern
angeführten Flugrouten von der Piste 34 aus zu fliegen. Das
betrifft alle 4 Flugrouten (LEDVA, MIKOV,KOVEL, LANUX), die direkt
über Liesing verlaufen und zu Grenzübergabepunkten in
Tschechien und der Slowakei geführt werden.
Hingegen
werden laut Pistenbelegungsplan bei Windstille (Calm) - also bei
verkehrstechnisch noch weitgehend vernachlässigbarem Wind -
die
Flugrouten LANUX und KOVEL von der Piste 29 über Liesing
geführt,
während dafür andere Destinationen nicht von der
Piste 29 sondern von der Piste 34 aus beflogen
werden. Gleichzeitig wird über den Norden Wiens gelandet - als
möglichst eng um Wien herumgeflogen.
Dazu findet sich auch im
Diskussionsforum Austrian Aviation Net bereits 2008
ein entsprechender Expertenbeitrag,
der beschreibt, dass aus Kapazitätsgründen
bei
Nordwestwind Starts Richtung Tschechien und Slowakei auf
der Piste 34 (und damit nicht über Liesing) geführt
werden, um eineinhalb Pisten
für den Start verwenden zu können. Umkehrschluss:
die 2004 eingeführte Ausweitung der Flugrouten über
Liesing
dient also nicht der Kapazitätserweiterung.
Dass ausgerechnet bei vernachlässigbarem Wind dann
doch über
Liesing gestartet wird, zeigt, dass die 2004 nach Liesing verlegten
Flugrouten ein politisch verursachtes Problem sind, für das es
keine verkehrstechnische Rechtfertigung gibt. Vielmehr wurden hier
unter dem falschen Vorwand
der Kapazitätsoptimierung die berechtigten Interessen der
Bevölkerung an der Vermeidung unnötiger
Lärmbelastung nicht nachvollziehbaren Partikularinteressen geopfert.
Es ist also evident, dass nicht meteorologische und daraus ableitbare flugtechnische Notwendigkeiten
zum massiven Überfliegen der dichtest besiedelten Gebiete in
Liesing und seiner südlichen Umgebung geführt haben.
Daher sind unabhängige Politiker gefordert, diese und andere
Abflugrouten über dicht besiedeltes Gebiet so schnell als
möglich durch Alternativen zu ersetzen, die soweit als
möglich über unbesiedelte Gebiete führen.
Dort
wo es tatsächlich nicht möglich ist nur über unbewohntes Gebiet zu
fliegen, wäre für die Betroffenen eine angemessene Entschädigung bzw.
Ablöse zu fordern, die es den Betroffenen auch ermöglichen würde, ihren
Wohnort ohne finanzielle Einbußen zu verlegen.
Anflugrouten
Die seit Mai 2006 vermehrt über
Liesing durchgeführten Anflüge, dienen
hauptsächlich einer dichteren Staffelung der Anflüge und
damit einer Kapazitätserhöhung. Das von manchen Politikern
aus dem Bereich der Westeinflugschneise angeführte Motto "Verteilen
wir den
Fluglärm über Wien" ist alleine schon deshalb der völlig
falsche Ansatz. Vielmehr sollten im Sinne der Minimierung der
Anzahl der vom Fluglärm Betroffenen, alle dicht besiedelten
Gebiete dh. sowohl Liesing als auch die Westeinflugschneise gemieden
werden und nicht durch die scheinbare Verschiebung von Fluglärm in
Wirklichkeit nur zusätzliche Betroffene geschaffen werden. Ebenso
wie bei den Abflügen ist es möglich, auch noch kurz vor der
Piste zu kurven, daher gibt es keine meteorologisch bedingte
Notwendigkeit über Wien zu fliegen. Daher ist auch hier die Politik gefordert, diese Abflugrouten so schnell als möglich einstellen zu lassen.
Zusätzlich könnten auch vermehrt lärmschonende Verfahren wie die Low Drag / Low Noise Variante des Continues Descent Approaches (Gleitflug) eingesetzt werden.
In der UVP eingereichte 3. Piste, Aufteilung der Flugbewegungen laut
Mediationsvertrag und die dramatischen Konsequenzen für Liesing
Die
bisherigen Planungen für die Zukunft gehen
offensichtlich in eine völlig falsche Richtung. So wurde die 3.
Piste parallel zur
derzeitigen Piste 29/11 und damit Richtung Wien geplant und im UVP
Verfahren auch so eingereicht. Um kreuzende Pisten zu vermeiden,
würde damit die aus Steuermitteln zur Entlastung Wiens gebaute
Piste 16/34 stillgelegt.
Sieht man sich die Hauptwindrichtungen in Schwechat an, so kann man
feststellen, dass die beiden derzeitigen Pisten in etwa gleichen
Ausmaß von den Hauptwindrichtungen
abweichen. Damit ist der für die Starts und Landungen
entscheidende Seitenwind bei beiden Varianten vernachlässigbar.
Die Windverhältnisse und flugtechnischen Notwendigkeiten erlauben
es also auch problemlos, eine Piste parallel zur derzeitigen Piste
16/34 zu errichten, was es in der Folge erleichtern würde, die
Anzahl der vom Fluglärm betroffenen möglichst gering zu
halten.
Hingegen wurde im rechtlich für die
Betroffenen in keiner Weise bindenden so
genannten Mediationsvertrag
nicht nur eine 3. Piste Richtung Wien beschlossen, sondern auch dass 2/3 aller Starts
von der bisherigen und der neuen Piste 29
(3.Piste), die nach Favoriten
bzw. Liesing ausgerichtet sind, durchgeführt werden sollen. Dass
der Großteil der Starts von der südlicher gelegenen 3. Piste
(29L Richtung Liesing) und nicht von der alten Piste 29 (dann 29R)
erfolgen soll, lässt den dringenden Verdacht aufkommen, dass bei
all diesen Flügen nach dem Start nicht Richtung Norden bzw.
Nordosten abgeschwenkt werden soll. Damit würde, wenn es
nicht zu einer Veränderung der Abflugrouten kommen würde,
vermehrt über
Liesing nach Stockerau geflogen werden.
Bei der durch die 3. Piste zu erwartenden Verdoppelung der Flugbewegungen wäre dann - auf
Grund der geplanten Pistenaufteilung und der derzeigen Flugouten - für Liesing mit
rund 100 in Spitzenzeiten mit bis zu 150
Überflügen pro Tag zu
rechnen. Letzteres bedeutet 7,5h (einen Arbeitstag) lang 20
Überflüge
pro
Stunde
d.h. alle 3 min das Dröhnen eines startenden Flugzeugs oder eine
Dauerbeschallung in den Morgen- und Abendstunden, die dann noch durch
das
Pfeifen der landenden Flugzeuge komplettiert werden würde.
Die in der so genannten Mediation als
Ziel angeführte "Reduktion der vom Fluglärm Betroffenen",
dürfte also nur ein Vorwand gewesen sein, um neue Flugrouten zu
schaffen, die aber tatsächlich nur zu einer, um das Vielfache
höheren Anzahl an Menschen geführt hat, deren
Lebensqualität und Gesundheit unter dem Fluglärm leidet.
Daher wäre
es
das
Vernünftigste, den so genannten Mediationsvertrag - unter
Einbeziehung aller potentiell Betroffenen auf gleicher
Augenhöhe
mit den Politikern und dem Flughafen - neu zu verhandeln, wobei die
mögliche Anzahl der Betroffenen nicht wieder ignoriert werden
sollte. Eine dritte Piste zur
Kapazitätserhöhung
ist
alleine schon aus Klimaschutzgründen und aber auch auf Grund der
anderen Emissionen wie Lärm und Feinststaub abzulehnen.