Ex-AUA-Pilot sagt, Schwechat müsse nicht über die Stadt angeflogen werden

Fluglärm vermeidbar?
Fluglärm betrifft zig-tausende Wiener. Foto: epa


Von Werner Grotte


Kurven-Anflug seit Jahren Praxis auf großen US-Flughäfen.
Austro Control sieht US-Niveau als "zu niedrig" an.

Wien. Anhaltendes Schönwetter lässt die Beschwerden über Fluglärm in Wien stark ansteigen. Bis zu 330 Überflüge am Tag mit Lärmpegeln um die 80 Dezibel registrieren Betroffenen in 13 Wiener Bezirken, vor allem im Süden, Westen und Nordosten.
Seitens des Flughafens verspricht man Abhilfe durch den Bau einer dritten Piste, die mit einem neuen Kurvenanflugverfahren umweltschonender bedient werde. "Stimmt nicht, das Kurvenverfahren gibt es längst und man könnte damit Wien schon jetzt umfliegen", sagt der ehemalige AUA-Linienpilot Heinz Thume.

30 Jahre lang flog Thume Langstrecken, zuletzt mit dem Airbus A-310, im Jahr 2000 ging er in Pension, blieb als Sportflieger aber weiter aktiv. Er meint, Wien könnte in 95 Prozent der Fälle, also abgesehen von extremem Schlechtwetter, im Sichtflug gekurvt angeflogen werden, egal auf welcher Piste – das Überfliegen der Stadt sei somit unnötig. "Ich selbst habe den John F. Kennedy-Airport und andere oft auf diese Weise angeflogen; jetzt, in Zeiten von GPS-Navigationssystemen ist das noch einfacher", sagt der Ex-Pilot.

Er kritisiert, dass mit genau diesem, angeblich technisch noch nicht verfügbaren Anflugverfahren für den Bau einer dritten Piste in Schwechat geworben wird, die dann die Flugverkehrs-Hauptlast tragen soll. "Bisher gehen die beiden Pisten über Kreuz, die Ausbaupläne sehen aber nur noch zwei Richtung Wien zeigende Pisten vor", erklärt der Flieger.

Dies würde allerdings bedeuten, dass der Start und Landeverkehr auf beiden Pisten parallel verläuft, aber nicht überlappend möglich sei, was laut Thumes Berechnungen für zwei Regionen starke Mehrbelastungen erwarten lässt: Einerseits den dicht besiedelten und schon jetzt stark lärmbelasteten Raum im Süden und Westen Wiens, andererseits aber auch die bisher verschonte Tourismusregion rund um den Neusiedlersee, woher verstärkter Anflugverkehr zu erwarten sei. Richtung Wien zeigende Pisten haben aber noch ein Problem: Die nahe OMV sowie die Chemiefirma Borealis, die (im Gegensatz zur Stadt) nicht überflogen werden dürfen und Ausweichmanöver erforderlich machen.

Hohe Umrüstkosten

Seitens der Austro Control weist man Thumes Thesen weit von sich: "Die Standards in den USA sind etwas locker, wir in Österreich arbeiten auf höherem Niveau", sagt Sprecher Christian Woborsky. So spreche Thume von Sichtflug, in Schwechat sei aber Instrumentenflug Standard – und für diesen gebe es zwar auch schon eine gekurvte Anflugtechnik, über die aber laut Woborsky "ein Großteil der Flugzeuge noch nicht verfügt, was sich aufgrund der hohen Umrüstkosten auch nicht so bald ändern wird".

Die Lage der neuen Piste habe man genau prüfen lassen: "Damit wollen wir die Belastung von derzeit zwölf Prozent aller Flüge, die über Stadtgebiet gehen, auf etwa acht Prozent senken", sagt der Fluglotse.

Printausgabe vom Donnerstag, 28. Mai 2009


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