Wien.
Fast zwölf Stunden dauerte am Dienstag bei der
AUA-Hauptversammlung das Sperrfeuer aufgebrachter Aktionäre,
das in einer beinharten Abrechnung mit dem vorzeitig
ausgeschiedenen AUA-Chef Alfred Ötsch gipfelte. Und
ebenso lange versuchten die AUA-Vorstände Peter Malanik
und Andreas Bierwirth, Zuversicht zu verbreiten, was die
Zukunft der schwer angeschlagenen Fluglinie betrifft. Ein
Unterfangen, das eher nach eigener Beruhigung klang. Denn
nicht nur skeptische Anleger schüttelten den Kopf, als
Bierwirth appellierte: „Geben Sie uns und der AUA die
Chance, mit der Lufthansa in eine gemeinsame Zukunft zu
gehen, und nehmen Sie das Übernahmeangebot an.“ In
der Tat liegen in der Fluglinie, beim Hauptaktionär ÖIAG
und auch in Bankenkreisen die Nerven blank. Die Gefahr, dass
der AUA das Geld ausgeht, bis die EU wie angekündigt im
Sommer über die Übernahme durch die Lufthansa
entscheidet, steigt. Zumal nach dem Megaverlust von 430Mio.
Euro im Vorjahr das heurige Jahr extrem schlecht angelaufen
ist. „Es ist ein Wettlauf mit der Zeit“, heißt
es hinter vorgehaltener Hand in ÖIAG-Kreisen. „Der
Markt ist weggebrochen“, sagten Malanik und Bierwirth
am Dienstag. Wie sehr das zutrifft, zeigen die neuesten
Passagierzahlen: Minus 13 Prozent im Jänner, minus 16,4
Prozent im Februar und minus 16,5 Prozent im März –
das ergibt einen Rückgang von 15,5 Prozent im ersten
Quartal. Der drastische Nachfragerückgang, der sich seit
dem Spätherbst 2008 beschleunigt hat, verheißt
nichts Gutes für das Quartalsergebnis, das die AUA am 5.
Mai veröffentlicht. Positiv
schlage sicher der Ölpreis, der im Vorjahresquartal den
Hauptgrund für das Minus von 60,4 Mio. Euro darstellte,
zu Buche, meinen Analysten heimischer Banken. Zudem habe die
AUA ihre Kapazität um zehn bis 15 Prozent reduziert, was
ebenfalls eine deutliche Kostenreduktion bringen müsste,
meint Martina Valenta von der Erste Bank Group. Sie rechnet
allerdings genauso wie Bernd Maurer von der Raiffeisen
Centrobank (RCB) mit einem Verlust – Maurer schätzt,
dass der Abgang bis März auf den 60,4 Mio. des Vorjahres
liegen könnte. Dafür
spricht, dass die AUA allein im Jänner ein Minus von
rund 34Mio. Euro eingeflogen haben soll, wie auf der
Hauptversammlung bekannt wurde. Auch wenn man davon ausgeht,
dass der Jänner in der Luftfahrt der traditionell
schlechteste Monat ist, zeichnet sich ein saftiger Verlust
ab. Viel
Geld hat die AUA nicht mehr in der Kasse: Von dem
200-Mio.-Euro-Überbrückungsdarlehen, das die ÖIAG
der AUA schon im Dezember gab, um einen Konkurs zu
verhindern, sind laut Bierwirth noch 105 Mio. Euro da. Per
Jahresende verfügte die AUA zudem über 141,8 Mio.
Euro an liquiden Mitteln. Der Polster ist also dünn,
wenn man bedenkt, dass demnächst auch die Rückzahlung
einiger Kreditlinien fällig sein soll. Ob
sich die Lage im angelaufenen zweiten Quartal etwas
entspannen wird, wagen nicht einmal Luftfahrtexperten zu
prognostizieren: Zwar fällt heuer Ostern in diesen
Zeitraum und normalerweise springt jetzt langsam die
Reiselust an. Die Konzerne sparen angesichts der
Wirtschaftskrise jedoch extrem bei den Reisekosten, womit die
betuchte Business-Class-Klientel ausfällt. Das haben
große Airlines, wie Lufthansa, Air France/KLM und
British Airways schon deutlich zu spüren bekommen. Bei
der AUA schlägt sich der Sparkurs der Firmen im
Passagierrückgang auf die Domäne Osteuropa
empfindlich nieder: Dort fiel die Auslastung im März um
5,9 Prozentpunkte auf 63 Prozent, was RCB-Analyst Maurer
besondere Sorge bereitet. Malanik
und Bierwirth sagten, die AUA werde den Verkauf an die
Lufthansa sicher erreichen. Dabei hatten sie offenbar die
„Versicherung“ im Hinterkopf, dass die ÖIAG
wieder einspringen würde, um das Horrorszenario eines
Konkurses zu verhindern. AUF
EINEN BLICK ■Die
AUA verliert massiv Passagiere – im ersten Quartal
gab es einen Rückgang von 15,5 Prozent – und
dürfte daher wieder einen hohen Verlust machen.Das Geld
bis zur Übernahme durch die Lufthansa wird knapp –
die EU entscheidet erst im Sommer.
("Die Presse",
Print-Ausgabe, 17.04.2009)
Passagiere bleiben aus
Keine Geschäftsreisen