Gewaltszenen vor Ministerium nach Demo

Da werden Erinnerungen an die "Schande von Hainburg" wach! Damals prügelten Polizisten auf Umweltschützer, die gegen die Zerstörung der Au demonstriert hatten, ein. Montagvormittag kam es vor dem Umweltministerium in Wien zu Gewaltszenen. Die Exekutive löste - mit ungewöhnlicher Härte - eine Protestaktion auf. Rund 20 Aktivisten wurden weggeschleift und abgeführt.

Da wurden Greenpeace-Aktivisten von mehreren Polizisten gewaltsam zu Boden gedrückt, auf die Knie gezwungen, ihnen die Hände auf den Rücken gedreht, und schließlich wurden sie einer nach dem anderen in Arrestantenwagen weggebracht. Ein Augenzeuge: "Die Beamten gingen mit großer Härte gegen die Demonstranten vor."
Diesen Gewaltszenen war ein tagelanger Streit um die von der Regierung geplante Abschaffung der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für Großprojekte vorangegangen. Wie berichtet, soll das Gesetz geändert werden, um EM-Stadien, Rennstrecken und ähnliche Projekte schneller durchzupeitschen. Ohne jegliche Rücksicht auf die Natur! Beinahe rund um die Uhr appellierten Umweltschützer in den vergangenen Tagen an Minister Pröll, dieses Herzstück der österreichischen Umweltpolitik nicht aufzuweichen und sich klar gegen die Gesetzes-Novelle auszusprechen. Bisher ohne Erfolg!
"Ein ganz normaler Polizei-Einsatz"
Josef Pröll selbst erfuhr erst beim Landwirtschaftsministerrat in Brüssel von den Tumulten vor "seinem" Haus. Er fordert nun eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls. Und was sagt das Innenministerium zu dem brutalen Vorgehen der Exekutive? "Die Demonstration war nicht angemeldet. Die Aktivisten wurden mehrmals aufgefordert, die Straße zu verlassen. Dann kam der Räumungsbefehl, es war ein ganz normaler Einsatz", so Sprecher Hannes Rauch.
So "normal", dass sich mehrere Beamte auf einen Aktivisten stürzten, so "normal", dass die Demonstranten laut um Hilfe riefen, und so "normal", dass Greenpeace-Mitglieder gewaltsam abgeführt wurden.
Doch es gab Montag auch andere, rein sachliche Proteste gegen die geplante UVP-Abschaffung. "Die Novelle ist ganz klar EU-rechtswidrig. Das Verhalten des Umweltministers ist ein Trauerspiel", kritisiert etwa die grüne Vizechefin Eva Glawischnig. In diese Kerbe schlägt auch Umweltdachverbands-Präsident Gerhard Heilingbrunner: "Hier soll nationales und internationales Recht aus den Angeln gehoben werden, uns droht eine EU-weite Blamage." Wiens Umweltstadträtin Ulli Sima befürchtet - im Fall einer Aufweichung der Umweltprüfung - eine Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof. Heute steht die geplante Novelle auf der Tagesordnung im Umweltausschuss im Parlament. Bleibt abzuwarten, ob Minister Pröll weiter schweigt...
Von Doris Vettermann und Erwin Jannes