Berliner Morgenpost, 17. Dezember 2005

 

Berlin

Milliarden-Verlust für Hausbesitzer

Kläger-Gutachten zum Großflughafen:

Wertminderung von bis zu 3,2 Milliarden Euro errechnet

 

Von Katrin Schoelkopf

Im Klageverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluß für den Single-Airport Berlin Brandenburg International (BBI) in Schönefeld machen die Gegner Wertverluste in Milliardenhöhe gegen das Großprojekt geltend. Die klagende Würzburger Anwaltskanzlei Baumann Rechtsanwälte legte dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig jetzt ein neues Gutachten zu den Auswirkungen des Fluglärms auf die Grundstückswerte im Umfeld des geplanten Flughafens vor. Danach seien in 29 Orten im Umland an Grundstücken und Gebäuden mit Wertminderungen von insgesamt rund zwei Milliarden Euro zu rechnen.

Für das Gutachten analysierte der Raum- und Umweltplaner Professor Wilfried Kühling von der Martin-Luther Universität Halle 20 000 Grundstücke. Nach Angaben von Rechtsanwalt Wolfgang Baumann wurden der Berechnung die von der Flughafengesellschaft prognostizierten 360 000 Flugbewegungen jährlich zugrundegelegt. Auf einen Wertverlust von über 3,2 Milliarden Euro kommt der Gutachter, sollten die im Planfeststellungsbeschluß zugelassenen Flughafenkapazitäten mit 600 000 Flugbewegungen voll ausgeschöpft werden.

In 29 Ortslagen weist das Gutachten nach, daß im Bereich der künftig zu erwartenden Flugschneisen bereits heute negative Bodenwertveränderungen in Höhe von 40 bis 60 Prozent eingetreten sind.

"Dies übersteigt den im Planfeststellungsbeschluß angenommenen Ansatz von 15 bis 20 Prozent erheblich", so Gutachter Kühling. Nach Ansicht der Anwälte der Flughafengegner hat die Planfeststellungsbehörde damit das Thema Wertverlust von Grundstücken nicht ausreichend abgewogen, zumal die Behörde auf der Grundlage ihres Gutachtens vom Dortmunder Institut für Bodenmanagement (IBoMa) davon ausgeht, daß 15prozentige Wertminderungen von Grundstücken durch Fluglärm von der Flughafengesellschaft aufgrund der Geringfügigkeit nicht ausgeglichen werden müssen. "Die Wertermittlungen der Planfeststellungsbehörde sind daher auf der Grundlage unseres Gutachtens völlig unzureichend, kleingerechnet und damit falsch", so Anwalt Baumann.

Darüber hinaus zeige sich, daß die Standortauswahl Schönefeld wegen der zu erwartenden hohen Wertverluste völlig fehlerhaft war. In Sperenberg hätte der Gesamtbetrag der Wertminderungen von Wohngrundstücken wegen der geringeren Besiedlung nur einen Bruchteil dessen in Schönefeld betragen. Sollte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig dennoch nicht dem Antrag der Anwälte auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses folgen und den Bau des BBI zulassen, werden nach Ansicht Baumanns wegen der nachgewiesenen Grundstückwertminderungen erhebliche Ausgleichszahlungen für die betroffenen Grundstückeigentümer fällig.

Das Bundesverwaltungsgericht informierte die Anwälte derweil darüber, daß seine abschließende Entscheidung nicht schon nach der mündlichen Verhandlung ergehen wird, die am 7. Februar beginnen soll. Dafür werde ein gesonderter Verkündungstermin angesetzt.