BUH-INFO:

Bezirkskonferenz Gänserndorf 5.12.2007.

Diese Woche fand in Deutsch-Wagram wieder eine Sitzung der Bezirkskonferenz Gänserndorf des Dialogforums Flughafen Schwechat bezüglich Flugverkehr und Fluglärm statt.

Zu unserer großen Verwunderung wurde der Deutsch-Wagramer Bürgerinitiative gegen Fluglärm und unserer BI mitgeteilt, dass die Nachtflugrouten über Deutsch-Wagram trotz heftigem Widerstand unsererseits und ohne Zustimmung der Bezirkskonferenz von den Vorstandsmitgliedern des Dialogforums, zu den wir nicht zählen, in völlig undemokratischer Weise beschlossen wurden.

Zwar soll es sich angeblich vorerst nur um einen Probebetrieb mit wenigen Überflügen handeln, doch ist zu befürchten, dass es in Zukunft zu einem größeren Ansteigen der Überflüge besonders in den Randzeiten (um 24h und 6h) der Nachtflugregelung kommen wird. Nach der enormen Zunahme der Überflüge in den letzten Jahren, mit einer laut Berechnung des Flughafens einhergehenden Vervierfachung (!) des Fluglärms, also eine erneute Verschlechterung für Deutsch-Wagram.

Zur Erinnerung: In einem mehrjährigen Mediationsverfahren (2001-2005), bei dem über Flugrouten und den Bau der dritten Piste verhandelt wurde, ist ohne die Teilnahme unserer Gemeinde beschlossen worden, dass neue Flugrouten über unsere Gemeinde verlegt werden. Mit den bekannten Folgen.

Nachdem viele Gemeinden mit dem Mediationsergebnis unzufrieden waren, hat der Flughafen in Folge das so genannte Dialogforum ins Leben gerufen, in dem nun nahezu in der selben Zusammensetzung wie im Mediationsverfahren weiterdiskutiert wird. Hinzugekommen sind die Bezirkskonferenzen. Unter anderem auch die Bezirkskonferenz Gänserndorf, an der in groben Umrissen neben Bürgerinitiativen die Gemeindenvertreter des Bezirks (eigentlich alle Gemeinden nördlich der Donau) teilnehmen (können). In den Bezirkskonferenzen kann zwar über Maßnahmen abgestimmt werden, endgültige Beschlüsse werden jedoch in den Sitzungen des Dialogforums gefasst, an denen nur die Gründungsmitglieder (in etwa die Teilnehmer des Mediationsverfahren) teilnehmen dürfen. In der Praxis sieht das derart aus, dass in abwechselnder Zusammensetzung Politiker diverser Gemeinden bei den Sitzungen der Bezirkskonferenzen anwesend sind und sich bei den Vertretern des Dialogforums (u.a. Flughafen, Austro Control, AUA) über den Fluglärm zu beschweren.

Um dann in endlosen ewig wiederkehrenden Diskussionen belehrt zu werden, dass keine Änderung oder Verbesserung möglich ist.

Ziel dieses Vereins Dialogforum wäre es gewesen, Verbesserungen im Bereich des Fluglärms zu erzielen.

Von Dialog ist jedoch mittlerweile immer weniger zu erkennen. Zunehmend wird den Teilnehmern der Bezirkskonferenzen nur mehr mitgeteilt, welche Beschlüsse und Vorgangsweisen in den geschlossenen Sitzungen des Dialogforums beschlossen wurden.

Im Falle von Deutsch-Wagram ist die Situation besonders krass. Seit nunmehr rund zwei Jahren werden uns in Sitzungen Maßnahmen und Flugrouten zur Kenntnis gebracht, die statt einer Verbesserung eine Verschlechterung gebracht haben.

Im April dieses Jahres wurden uns die neuen Nachflugrouten vorgestellt. Da die Zustimmung von unseren Bürgerinitiativen verweigert wurde, und Bgm. Quirgst zudem generell eine Verschwenkung der Flugrouten weg von Deutsch-Wagram forderte, ist eine Sondersitzung zu diesem Thema im Juni am Flughafen einberufen worden. Frau V-BGM Enzinger und GR Allmer von den Grünen sagten uns ihre Unterstützung zu, und kamen im Unterschied zu Bgm. Quirgst zu dieser Sitzung, an der nur noch der Umweltgemeinderat von Wolkersdorf teilnahm. Nachdem es den Vertretern der Austro Control und des Flughafens nicht gelang, die Widersprüche und Nachteile für unsere Gemeinden auszuräumen, kam es wieder zu keiner Einigung. Auch Wolkersdorf das von den Nachtflugrouten betroffen ist, verweigerte die Zustimmung. Darauf hin sind wir in die nächste Sitzung des obersten Gremiums des Dialogforums eingeladen worden, um unsere Bedenken noch einmal vorzubringen. Weder Bgm. Quirgst, noch ein anderer Vertreter der Gemeinde ist der Einladung gefolgt, und erntete vor hochrangigen Vertretern der NÖ Landesregierung, der Stadt Wien und des Flughafens heftige Kritik für sein Nichterscheinen. Nach dem Vorbringen unserer Einwendungen, und einem schriftlichen Einspruch von Wolkersdorf kam es wieder zu keinem Beschluss. Unter anderem auch, weil andere Mitglieder des Dialogforums bemängelten, dass es noch keinen eindeutigen Beschluss oder Zustimmung der Bezirkskonferenz Gänserndorf gibt.

Nach den obligaten Absagen und Verschiebung von Sitzungen der Bezirkskonferenz Gänserndorf wurde uns dann bei der Sitzung dieser Woche einfach mitgeteilt, dass ab Ende Jänner, Anfang Februar mit dem Nachtflugprobebetrieb begonnen wird. Nachdem auch neue Sinkflugverfahren getestet werden sollen, mit dem die Austro Control (Fluglotsen) nach eigenen Angaben noch wenig Erfahrung hat, bleibt zu hoffen, dass wenigstens kein Flugzeug auf unserem Marktplatz notlanden muss. Bleibt noch zu erwähnen, dass wieder kein Politiker unserer Gemeinde den Weg zu dieser Sitzung fand.

Wie überhaupt immer weniger Teilnehmer an den Sitzungen teilnehmen. Wozu auch, wenn dort nur Beschwichtigungs- und Hinhaltetaktik betrieben wird. Obwohl auch wir geneigt wären, auf diese Sitzungen zu verzichten, wäre es sicher ein Fehler zu resignieren. Denn mit dem Bau der neuen dritten Piste am Flughafen und neuen Anflugverfahren (curved approach) stehen gewaltige Umverteilungskämpfe ins Haus. Der Vertreter des Flughafens betonte bei der letzten Sitzung wieder, dass die Flugverkehrsverteilung völlig neu ausverhandelt wird. Neben der Ablehnung von Nachflugrouten und Flugversuchen über unseren Köpfen, wären daher auch unsere Gemeindevertreter endlich gefordert, sich bei diesem Thema mehr zu engagieren. Letztendlich bekommen die Gemeinden den meisten Lärm ab, die sich am wenigsten dagegen wehren.

Und der Lärm könnte noch viel größer werden. Im März dieses Jahres hat der Flughafen bekanntlich die UVP für den Bau der dritten Piste gestartet und die diesbezügliche Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) eingereicht. Aus den noch inoffiziellen Unterlagen ist in den Prognosen eine weitere starke Steigerung der Überflüge über Deutsch-Wagram ablesbar. Nach Aussagen der Vertreter des Flughafens wird sich die öffentliche Auflage der UVP weiter verzögern. Nach Ankündigungen für den vergangenen Sommer, dann für den Herbst, soll es nun im kommenden Mai oder Juni soweit sein. Auch hier wird gemunkelt, auf jeden Fall erst nach den Landtagswahlen. Interessierte Politiker können sich aber schon vorher im Büro des Dialogforums durch die 8200 Seiten UVE durcharbeiten.

Zumindest einige Politiker unserer Gemeinde sollten diese Möglichkeit nutzen, bevor sie wieder vorschnell eine parteilinienkonforme Meinung einnehmen. Nachdem, trotz Teilprivatisierung des Flughafens, die Stadt Wien zusammen mit dem Land NÖ aktienrechtlich am Flughafen nach wie vor das Sagen haben, werden die zuständigen Politiker als Eigentumsvertreter der Bevölkerung zu erklären haben, warum Landegebühren und die Geschäfte von Billigfluglinien wichtiger sind, als die Gesundheit und Lebensqualität von zehntausenden Leuten im Umkreis von 25-30 km um den Flughafen. Denn für den Inlandsbedarf dient der Ausbau schon lange nicht mehr. Vielmehr soll einer der größten Ost-West Transitflughäfen in Europa entstehen. Der Anteil der reinen Umsteigepassagiere beträgt bereit heute gut 34%. Im Jahr 2020 sollen dann unglaubliche 13 Mio. Transitpassagiere pro Jahr abgefertigt werden.

Muss es erst soweit kommen, wie am zweitgrößten Flughafen Europas, Frankfurt. Dort gab es auch eine unglaubliche Zahl. 123.000 schriftliche und verschieden lautende Einsprüche gegen den Bau einer vierten Piste.

Nebenbei bemerkt, ist die Austro Control (Flugsicherung), die sämtlichen Flugverkehr regelt, sowie die Flugrouten festlegt eine weisungsgebundene Dienststelle des Verkehrsministeriums.

Vor den immer lauter werdenden Forderungen nach harten Klimaschutzmaßnahmen ist es ohnedies nicht sinnvoll den Verkehr mit neuen Pisten und unzähligen Autobahnen noch mehr anzuheizen. Damit wir die zusätzlichen Landegebühren und Mauteinnahmen für den Ankauf von noch mehr CO2 Emissionszertifikaten aus der Ukraine oder China ausgeben können?