Bürgerinitiative
Bürgerlärm gegen Fluglärm

Mühlgasse 3
2322 Zwölfaxing 30.1.2005-01-31


Erfahrungsbericht mit der VIE – Mediation

Am Anfang schien alles schön und gut: Mit rückhaltsloser Begeisterung engagierten wir uns für die „größte Umwelt –Mediation Europas“, glaubten den Versprechungen, vertrauten den Informationen, sahen uns mit allen Beteiligten in einem großen Boot auf gutem Kurs, freuten uns auf einen offenen und öffentlichen Diskurs der anstehenden Probleme.

Doch von nun an ging’s bergab: Spätestens als der erste Teilvertrag verhandelt wurde, wich die erste Begeisterung einer ständig zunehmenden Ernüchterung, die bald zur Enttäuschung und schließlich zur Verbitterung wurde.

Einer der wesentlichsten Gründe für diese fatale Entwicklung beruht auf der Tatsache, dass uns falsche Zahlen und falsche Fakten geliefert
wurden. Die vorgelegten Flugroutenpläne und Lärmberechnungen wichen deutlich von den tatsächlichen Gegebenheiten ab. An Lärm-
messpunkten wurde der dreifache Wert der tatsächlichen gemessenen Werte angegeben.

Diese und viele andere von uns dokumentierten Manipulationen machten uns sehr betroffen und erschütterten unser Vertrauen umso
mehr, als der Vorstandssprecher des Flughafens auf unsere technisch einwandfrei dokumentierten Werte mit einer Klagedrohung reagierte.

Die im 1. Teilvertrag versprochene Verminderung der Lärmbelästigung für 49.000 Menschen ist das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben steht, weil sie lediglich ein Konstrukt aus falschen Zahlen ist.

Derartig dreiste Manipulationen waren für uns Grund genug, unsere Unterschrift unter dem 1. Teilvertrag zurückzuziehen.

Ohne in die längst viele Aktenordner füllenden Details einzugehen, wollen wir noch darauf hinweisen, dass die im 1. Teilvertrag vereinbarten Flugrouten nur zum Teil eingeführt wurden und das unserer BI im Gegensatz zu den Bestimmungen des Teilvertrages die Teilnahme an der Evaluierungsgruppe verwehrt wurde.

Zur Kernfrage schließlich, der Diskussion über die Errichtung einer 3. Piste, wurden uns Berge von Unterlagen überlassen, die einer
kritischen Prüfung genauso wenig standhalten wie die oben angeführten Papiere. Es kann weder plausibel noch glaubwürdig sein, dass der
Fluglärm in unseren Gemeinden in jener Variante deutlich abnimmt, in der die Piste deutlich näher rückt.

Abgesehen von den bisher – lediglich beispielhaft – genannten Details ist der ganze Geist des Mediationsverfahrens längst abgewürgt worden: War einst in der Mediationsvereinbarung festgehalten und verbrieft worden, dass alle Schritte öffentlich begangen werden
sollten, degenerierte das gesamte Verfahren mehr und mehr zu einer Geheimveranstaltung. Jeder Schritt in die Öffentlichkeit zog die sofortige Androhung des Verfahrensausschlusses nach sich.

Nur wer Grund hat, das Licht zu scheuen, hat auch Grund, nach und nach die Anfangs vereinbarten Spielregeln Zug um Zug zu verändern und zu verwässern. Wer spricht denn heute noch von der einst so lauthals und überzeugend propagierten Einstimmigkeit? Warum starb auch sie einen leisen, von uns aber durchaus betrauerten Tod?

Wenn wir rückblickend unsere Emphase und unser Engagement an den inzwischen nicht erzielten Ergebnissen messen, können wir uns des Eindrucks nicht erwehren, dass die ganze Mediation eine durchaus geschickt eingefädelte Schmierenkomödie ist, mit der man gutgläubigen Bürger ziemlich lang den völlig falschen Eindruck von Mitverantwortung und Mitbestimmung vorgaukeln kann, mit der man sie so lange ablenken und mit Spiegelfechtereien beschäftigen kann, bis Fakten geschaffen worden sind, die letztlich irreversibel sein werden.

Bei einem solch üblen Spiel können und wollen wir nicht weiter mitmachen. Da unser Wunsch nach Rückkehr zu den ursprünglichen und schriftlich festgehaltenen Grundprinzipien der Mediation auf Seite der Flughafenbetreiber wohl nicht einmal mehr ein müdes Lächeln provozieren dürfte, bleibt uns nur der Appell, in dieser total verfahrenen Situation eine Nachdenkpause einzuschieben.

Der Mediator Prof. Dr. Zillessen hat in Anwesenheit mehrer Mediationsteilnehmer resignierend festgestellt, die Mediation sei für ihn „vier verlorene Jahre Lebenszeit“. Diesem Resumee haben wir nichts mehr hinzuzufügen.

Dipl. Ing. Johann Witt-Dörring
Obmann