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Schwechat: Umweltprüfung im Nachhinein

 

09.12.2007 | 17:48 | MICHAEL LOHMEYER (Die Presse)

 

 

Airport-Ausbau. Einwände gegen bestehende Neubauten dürften in laufende UVP für dritte Piste integriert werden.

 

Schwechat.Der Wiener Flughafen in Schwechat soll die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für bestehende Objekte (etwa den "Skylink") nachholen: Das ist der Kern eines Vorschlags, den das Infrastrukturministeriums ausgearbeitet hat und nun von der Europäischen Kommission geprüft wird.

 

Diese Woche fällt eine vorläufige, möglicherweise sogar die endgültige Entscheidung. Dann wird auch feststehen, ob die EU gegen die Republik Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten wird oder nicht.

 

Kurzer Rückblick: Fluglärmgegner in Niederösterreich und Wien haben eine Beschwerde nach Brüssel geschickt. Darin vertreten sie die Auffassung, dass für die Zubauten der vergangenen Jahre - Tower, Air-Cargo-Center, Parkplatzflächen und -häuser, Büro- und Konferenzflächen - die Umweltverträglichkeit hätte geprüft werden müssen. Allerdings: In einem Fall hat die niederösterreichische Landesregierung per Feststellungsbescheid entschieden, dass für eines der Projekte - das Terminal "Skylink", das 2009 in Betrieb genommen werden wird - keine UVP nötig sei. Fluglärmgegner bezweifeln, dass diese Interpretation des österreichischen UVP-Gesetzes der EU-Richtlinie zur Umweltverträglichkeitsprüfung entspricht - nicht zuletzt deshalb, weil Niederösterreich und Wien jeweils 20 Prozent der Flughafen-Aktien halten.

 

Und: Es liege auf der Hand, dass die Zubauten einer der Faktoren gewesen seien, die die Kapazitätssteigerungen verursacht hätten. Im Oktober 2007 ist die Zahl der Passagiere um 14 Prozent gestiegen, im heurigen Jahr bisher um zehn Prozent. Der Flughafen will deshalb weitere Ausbaupläne nun vorziehen.

 

Der EU war die Suppe der Beschwerdeführer offenbar nicht zu dünn. Bereits im Frühjahr hat Österreich eine Stellungnahme nach Brüssel schicken müssen, die mehrere Male nachgebessert worden ist. Die Angelegenheit war auch das einzige Thema eines Besuchs von Staatssekretärin Christa Kranzl bei der Kommission in Brüssel.

Die Republik hat auf mehr als 100 Seiten argumentiert, weshalb Zu- und Neubauten der Vergangenheit eine "Komfortverbesserung", aber keine UVP-pflichtige "Kapazitätserweiterung" seien. Gleichzeitig wird vorgeschlagen, dass bei der Umweltverträglichkeitsprüfung für die dritte Piste nicht nur die Unterlagen für dieses Projekt, sondern auch für die bereits fertig gestellten beurteilt werden können.

 

 

"Ob Brüssel das genügt?"

Christa Kranzl in der Vorwoche zur "Presse": "Ich denke, dass Einwände vorbringen zu können, grundsätzlich etwas Gutes ist." Sie glaubt nicht, dass sich Anrainer auf die Schaufel genommen fühlen könnten, wenn sie vollendete Tatsachen kommentieren dürften. Denn: "Nicht jeder Einwand muss auch berücksichtigt werden - das ist auch in einem Verfahren so, in dem die UVP-Prüfung ganz am Beginn steht."

 

Im Übrigen verweist die Politikerin darauf, dass die endgültige Entscheidung in Brüssel ohnehin nicht gefallen sei: Das Antwortschreiben an die EU sei Ende November in Brüssel eingelangt, noch sei fraglich, "ob Brüssel das genügt".

 

Für Flughafen-Sprecherin Brigitta Pongratz ist die Beschwerde offiziell kein Thema: "Wir haben uns an die Gesetze gehalten und wir halten uns an die Gesetze. Die Beschwerde ist Sache der Republik."

 

Von Fluglärmgegnern wird der bisherige Verlauf zumindest als moralischer Sieg betrachtet: Informell sei ihnen in Brüssel gesagt worden, "eine UVP hätte gemacht werden müssen", sagt Susanne Heger, Anwältin der Fluglärmgegner. Allerdings: Das Thema werde "von Mal zu Mal politischer". Die Sprecherin von Stavros Dimas, Generaldirektor für die Umwelt in der EU, meint, dass die Sache "durch sehr viele Hände geht".

 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2007)