Sent: Samstag, 23. Mai 2009 10:36
To: 'aktionsplanung-flug@bmvit.gv.at'
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Subject: Stellungnahme zum "Aktionsplan UMGEBUNGSLÄRM-AKTIONSPLAN ÖSTERREICH 2008 TEIL B13 Flugverkehr" - Rücknahme der Flugrouten über Liesing als zu ergänzende Maßnahme
Sensitivity: Personal

Sehr geehrte Damen und Herren,
 
Der Aktionsplan für den Fluglärm ist unzureichend und ist - alleine schon aus volkswirtschaftlichen Überlegungen (Gesundheitskosten) - dringend um die Rücknahme der Flugrouten über Liesing zu ergänzen.
 
Begründung und Details
 
Lärmkarten
Zuerst einmal möchte ich darauf hinweisen, dass die Grenzwerte von Fluglärm entsprechend den angeführten  Bundes-Umgebungslärmschutzgesetz (BGBl I 60/2005) und Bundes-Umgebungslärmschutzverordnung (BGBl II 144/2006) ungeeignet sind, um die Auswirkungen von Fluglärm zu erfassen:
 
Daher sind darauf aufbauende Lärmkarten nicht geeignet die Realität abzubilden. Die minimale Ausdehnung Lärmkarten deckt sich auch nicht mit dem messbaren Fluglärm und der Wahrnehmung der Betroffenen.
 
offizielle Lärmkarte.
 
 
Daher haben wir gegen diese unzulässige Verharmlosung des Fluglärms Einspruch erhoben und ersuchen um Korrektur entsprechend den WHO-Richtlinien.
 
Stellungnahme zur fehlenden Berücksichtigung Liesings in den Lärmkarten für Fluglärm
Seit der Verlegung einer Flugroute nach Liesing im Jahr 2004 sind in Liesing und Umgebung etwa 100.000 Menschen zusätzlich vom Fluglärm betroffen:
 
Verschiebung der Abflugroute auf dichtest besiedeltes Gebiert
 
Für Liesing finden sich aber in den Lärmkarten keine Angaben, obwohl der Fluglärm in Liesing nicht nur zu Unmengen an Beschwerden geführt hat, sondern auch objektiv messbar die WHO-Richtlinien überschreitet - siehe Anhang. Dazu kommen noch nächtliche Überflüge über Liesing mit mehr als 60 Dezibel - ebenfalls im Widerspruch zu den WHO-Richtlinien.
 
Daher ersuche ich um eine Ergänzung der Lärmkarten betreffend Fluglärm für Liesing unter Berücksichtigung der WHO-Richtlinien und geeigneter Messverfahren, damit diese nicht weiter völlig an der Realität der dortigen vom Fluglärm Betroffenen vorbeigehen. 
 
Unabhängig von den technischen Details der Messung ist es jedenfalls nicht von der Hand zu weisen, dass permanente Störung durch Fluglärm, wie sie seit 2004 auch Liesing betrifft, gesundheitsschädlich ist.
 
Weiters möchte ich daran erinnern dass 2004 alleine 10.000 Menschen innerhalb kürzester Zeit gegen die Flugrouten über Liesing unterschrieben haben. Daher sollte sich die Rücknahme dieser Flugrouten über Liesing auch in den Aktionsplänen finden - gibt es doch genug Alternativen über weitgehenst unbesiedeltes Gebiet.
 
Ersuchen um Ergänzung des Aktionsplans um die Rücknahme der 2004 über Liesing gelegten Flugrouten
Wie oben ausgeführt sind seit 2004 etwa 100.000 Menschen unter den Flugrouten die über Liesing und dessen Umgebung gehen dem gesundheitsschädlichen Fluglärm ausgesetzt. Dafür gibt es keine wie immer geartete Notwendigkeit. Vielmehr gibt es eine Reihe von alternativen Flugrouten, bei denen um Größenordnungen weniger Menschen einem vergleichbaren Ausmaß an Fluglärm ausgesetzt sind. 
 
Die Rücknahme der Flugroute dürfte auch die einzig geeignete Maßnahme sein, eine signifikante Verbesserung der Situation zu erreichen, da die im Aktionsplan angeführten Maßnahmen in der Praxis entweder nicht eingehalten werden können (kontinuierlicher Sinkflug) oder in Liesing keine Auswirkungen haben (Geschwindigkeitsbeschränkung nur bis 1 km Höhe).
 
Die BI Liesing gegen Fluglärm und gegen die 3. Piste ersucht daher um die Ergänzung des Aktionsplans um die folgende konkrete Maßnahme:
Rücknahme aller seit 2004 Flugrouten über Liesing gelegten Flugrouten und damit der Ersatz der Flugrouten über Liesing durch Flugrouten, bei denen deutlich weniger Menschen vom Fluglärm betroffen sind.
 
Diese Maßnahme entspricht auch nur dem allgemeinen Grundsatz, dass dort geflogen werden sollte, wo möglicht wenig Menschen vom Fluglärm betroffen sind und damit auch dem im Aktionsplan angeführten ausgewogenen Ansatz.
 
Mit der Bitte um Antwort und Empfangsbestätigung.
 
Mit freundlichen Grüßen, 

Sprecher der parteiunabhängigen BI "Liesing gegen Fluglärm und die 3. Piste"

Lebensqualität statt Fluglärm

Infos und permanente Fluglärmmessung unter http://liesing.fluglaerm.at

Anhang - Überschreitung der WHO-Richtlinien in Liesing

Grundsätzliche Überlegungen zur richtigen Messung und dem Vergleich mit den WHO-Grenzwerten
Fluglärm ist ein tieffrequenter Lärm, der mit einer Messung der dB(A)-Werte deshalb auch nicht richtig erfasst werden kann, sondern nach dB(C) zu messen ist. So erhält man bei einer Messung nach dB(A) um 10-11 Dezibel niedrigere Werte, da ein großer Teil des physisch vorhandenen Lärms - konkret das tieffrequente Dröhnen - drastisch unterbewertet wird. Daher ist auch für die Errechnung von LEQ-Durchschnittswerten sinnvollerweise von Messungen nach dB(C) auszugehen.

Richtwerte für Lärm werden in den naturgemäß technisch recht einfach gehaltenen WHO-Richtlinien generell auf Basis des weiter verbreiteten dB(A)-Werts angegeben, wobei hier aber ausdrücklich entsprechende Korrekturen für die Art des Lärms vorgesehen sind.  Bei Fluglärm ist sowohl ein Zuschlag für den tieffrequenten Lärm von mehr als 10 Dezibel als auch ein weiterer Zuschlag für die sonstige Charakteristik des Lärms erforderlich.

Da in den WHO-Richtlinien keine konkreteren Werte für Fluglärm angegeben sind, bieten sich jene 
13 Dezibel als Minimalvariante für einen Zuschlag an, die laut dem Verband deutscher Flughäfen notwendig sind, um von einer Messung nach dB(A) auf den effektiven Lärmstörpegel (EPNdB) zu kommen. Nur letzterer berücksichtigt auch den zeitlichen Verlauf des Geräusches sowie die Intensität besonders hervortretender Frequenzen, die Fluglärm so besonders störend macht.

Das gleiche Prinzip der Zuschläge findet sich auch in der Gewerbeordnung, aus der der Flugverkehr - aus unerfindlichen Gründen - ausgenommen ist.

Grundsätzlich gibt es also 2 Methoden, um Fluglärm möglichst korrekt mit den WHO-Grenzwerten zu vergleichen:
  • Richtig Rechnen: Messung nach dB(A) plus Korrekturfaktor von mindestens 13 Dezibel (korrigierte dB(A)-Werte)
  • Richtig Messen: Messung nach dB(C), die den physisch vorhandenen tieffrequenten Lärm schon bei der Messung richtig erfasst und in der Praxis auch nur um den laut WHO minimalen Korrekturfaktor höhere Werte ergibt.
Eine Messung von Fluglärm nach dB(A) und ein direkter Vergleich der so gewonnenen Werte,  mit den WHO-Grenzwerten ohne Korrektur für den tieffrequenten Lärm entspricht nicht den WHO-Richtlinien, welche dB(A) Messungen auch schon grundsätzlich nicht als geeignet ansehen, um niederfrequenten Lärm und damit Fluglärm richtig zu messen. Vielmehr wird in diesem Zusammenhang auf dB(C) hingewiesen.

Ebenso ist  laut WHO für den Abend ein Korrekturwert von 5-10 Dezibel vorzusehen.

Statistische Auswertung der Messergebnisse für Fluglärm im 23. Bezirk und Vergleich mit den WHO-Grenzwerten
Abgesehen davon, dass Durchschnittswerte auch laut WHO-Richtlinien bei diskontinuierlichem Lärm wie Fluglärm als alleiniges Kriterium zur Beurteilung der Gesundheitsschädlichkeit nicht ausreichen, ergibt auch eine erste statistische Auswertung der Messwerte am Maurer Berg für Ende Jänner ein erschreckendes Bild.

Grundlage für die Statistik war die Auswertung der Lärmmessung der BI Liesing nach dB(A) und dB(C), wobei nur Lärm, der bei mindestens zwei voneinander unabhängigen Stationen gleichzeitig gemessen wurde, als Fluglärm gewertet wurde. (Ein Abgleich mit Flugspuren war wegen der noch immer nicht gegebenen öffentlichen Verfügbarkeit bisher nicht möglich.)

Aus den als Fluglärm identifizierten Messwerten werden bei der DFLD automatisch LEQ-Werte errechnet. Verwendet man dazu die Messungen nach dB(C) oder rechnet man korrekterweise zu den dB(A)-Werte den entsprechenden Korrekturwert hinzu, so kommt man auf die im Bild graphisch dargestellten regelmäßige Überschreitungen der von der WHO vorgegebenen Grenzwerte. Die Werte fallen bei den korrigierten dB(A) Werten sogar noch etwas deutlicher aus, als bei einer Messung nach dB(C) ohne weitere Korrekturwerte.

Deutliche Überschreitung der WHO-Grenzwerte im 23. Bezirk

Besonders dramatisch ist die Überschreitung der in den WHO-Richtlinien angegebenen Richtwerte am Abend, bei denen nur der Minimalzuschlag von 5 Dezibel als Korrekturwert zur Anwendung gebracht wurde (entsprechend den EU-Richtlinien). An bei den bisher ausgewerteten Tagen gab es keinen einzigen, an dem der WHO-Richtwert für schwere Belästigung am Abend nicht überschritten oder zumindest knapp erreicht wurde. 

Das deckt sich auch mit den Erfahrungen der Betroffen, die darüber klagen, dass es jahrelang so gut wie keine ruhigen Abende gibt. So finden zwischen 19 und 22 Uhr noch zahlreiche dröhnende Überflüge statt.  Dass die systematische Zerstörung der Erholungszeit am Abend durch die Flugroute über Liesing nicht gesund sein kann, liegt aber auch ohne Kenntnis der Überschreitung der WHO-Richtlinien auf der Hand.


Auch wenn man zu den letzten (relativ unvollständigen) Messstatistiken des Flughafens am Maurer Berg, 13 Dezibel für die von der WHO geforderten Korrekturen hinzurechnet, werden die WHO-Werte für eine starke Lärmbelästigung erreicht.